Tag 7 im Studio. Tag 1 für mich. Zunächst mal: ich war vor dem Chef da! Ha, macht schon mal Eindruck, wenn auch irgendwie nicht auf ihn.
Als er dann das Studio aufschließt, bin ich heiß auf die Aufnahmen und voller Tatendrang. Und Hilly, danke für die Blumen, aber so freaky sind die Fingers dann doch nicht. Aber eins nach dem anderen.

Ich schleppe einen alten, aber dafür 1000t schweren Verstärker in den Aufnahmeraum, wir bauen Boxen und Topteile auf und kombinieren diese kreuz und quer, wir nehmen verschiedene Gitarren, kombinieren wieder kreuz und quer, kurz: der Sound muss her und ich wage zu behaupten, dass wir den auch heute gefunden haben. Für heute.
Allerdings finden wir nicht den einen Sound für den einen Song, mit dem wir eigentlich anfangen wollten. Warten wir also auf weitere Alternativen, die sich dann gegen Abend bieten, als wir einen weiteren Verstärker ausleihen. Mit dem geht’s morgen weiter.

Und dann... der erste Song. Wir gehen ihn an, die freaky fingers wirbeln, werden aber mit der Zeit immer trockener (!), so dass ich das Gefühl bekomme, meine Parts auf einem Stück Velours-Teppich einzuspielen. Zu hart für den Anfang, denke ich. Zu schnell für den ersten Song. Doch das legt sich von alleine, als ich auf die Uhr sehe und meine Hände und Finger zu schwitzen beginnen. Also weiter, denn ich habe eigentlich nicht das Gefühl, dass das hier Stress wird. Jetzt ist mein Ehrgeiz geweckt (wenn ich das an der Uni erzähle...) und ich will jedes Take besser spielen. Und so ist der erste Song schließlich im Kasten und hat viel zuviel Zeit in Anspruch genommen...

Verdammt, jetzt wird die Zeit doch ganz schön knapp. Wir beschließen, erst mal was essen zu gehen...

Nach den miesesten Fritten zwischen Vrouwenpolder und Ismaning widmen wir uns wieder der Musik. Mit Mayo an den Fingern und gesättigten Fettsäuren im gesamten Körper flutscht der zweite Song des Tages ziemlich glatt, wir kommen gut voran, auch, weil ich mich nach dem ersten Song „eingegroovt“ habe und stellen Lied 2 gitarrentechnisch fertig. Dann tauchen Hilly und Holger auf, die ein genervtes Gesicht sehen wollen; ich tue ihnen den Gefallen, wenn auch ohne Absicht. Ich hatte ein gutes Gefühl.

Holger sagt: „Ich muss gleich wieder weg, ich will nur ein bisschen Randale machen!“ und hält sein Versprechen: rein, raus, Handy am Ohr, Gespräch mit allen Leuten im Raum und am Handy gleichzeitig.

Fazit: Jean Reno hat Ausdauer. Ich habe Humor. Das wird eine gute Platte!
Die Aufnahmen machen Spaß und morgen läuft die Sache noch besser als heute, denn jetzt können sie alle kommen...

Eingegroovt! Wie erkläre ich das mal meinen Kindern...
Christian

11 Uhr morgens. Der Frühlingsanfang lässt dieses Jahr sehr zu wünschen übrig. Holger sollte mir später am Tag erzählen, dass er Schneeflocken mit Pollenflug verweschselt hat. So etwas hat mir auch noch keiner erzählt. Eine Zeitung, die im Bilde ist, verspricht uns aber für dieses Jahr einen "Brutzel-Sommer". Darauf kann man sich ja gewöhnlich verlassen. (Diese Art von Schleichwerbung habe ich mir von Thomas Gottschalk abgeguckt. Gut was?!) Nun gut. Zur Sache!

Studiotag 2 für mich. Das Kolösschen sitzt schon wieder top fidel da, wo er hingehört. Sein fordernder Blick aus seinem französich anmutendem Augenpaar sagt schon wieder alles. Humor? Gute Stimmung? Fehlanzeige! Selbst meine gut vorbereiteten humoristischen Sprüche und Slapstickeinlagen vermögen das Eis zwischen uns nicht zu brechen. "Ja, ja, es muss grooven. Ich weiss schon.", ranzte ich Ihn an.
Zur besseren Kontrolle über das, was ich da mache, positionierte er meinen Aufnahmeplatz direkt ans Mischpult und damit in seine Reichweite. Darf es noch ein bischen mehr Druck sein? Ich schnall mir also den zum Einsaiter degradierten Bass um und fange an. Traffic. Ein Stück, das eigentlich sitzen sollte. Weit gefehlt! Ein paar Stunden (!) später war der Herr dann halbwegs zufrieden und ich wieder mal geschafft.

Er könnte zur Abwechslung mal das Schmunzeln von seinem Gesicht nehmen! Als wenn nicht schon alles schlimm genug wäre, kommt auch noch Herr Holger Kochs reingeschneit.
Seine ach so gute Laune vergeht Ihm ziemlich schnell, als er sieht, dass wir gerade erst mit dem zweiten Stück angefangen habe. Verbesserungsvorschläge und Ratschläge bezüglich meines Bassspiels (neue Rechtschreibreform?) machen die Runde. Ich gebe mein Bestes und das Stück funktioniert schon besser.
Super! Auf zum Nächsten! Nach den ersten Takes von Bad Bird (oder so ähnlich) war meine vor Stolz geschwollene Brust wieder zu der eines Hühnchens zusammengefallen. Die Plackerei nimmt kein Ende. Bis in die frühen Morgenstunden geht dieses Spiel weiter und letztendlich haben wir tatsächlich fünf Stücke fertig.
Naja. Eigentlich sollten es zu diesem Zeitpunkt schon doppelt so viele sein. Es hilft nichts. Ich muss mich auf noch weitere schwere Abende einstellen.

Morgen kommt Christian zum ersten Mal ins Studio und der hat mit Sicherheit auch schon seine Gitarre dabei. Ich befürchte ja, dass der Kerl wieder viel schneller ist und mit seinen freaky fingers alles ohne Probleme auf die Platte kriegt. Ergo! Ich muss morgen schneller sein und deswegen gehe ich jetzt pennen.

Gute Nacht und bis morgen....Euer Hilly.

Es ist so gegen 16.00 Uhr,als ich das Studio betrat. Ein erschöpfter, aber sehr zufrieden aussehender Stepahn sass im Sessel und hörte sich an, was er die letzte
Woche so verbrochen hatte. Mein Blick suchte im Weit des Studiokomplexes nach dem Mann, dem ich die nächsten Tage ausgeliefert sein würde.

Aus dem gleissenden Lichtkegel eines Scheinwerfers näherte sich eine Gestalt, die ich anfangs nur als Silhouette wahrnehmen konnte. Langsam erkannte ich Konturen
und plötzlich stand er vor mir. Ein Koloss. Eine Mischung aus Mr. T und Jean Reno. Alle meine Ängste schienen sich zu potenzieren. Kein "Hallo", kein "Wie geht's?".
Ehrfürchtige Stille machte sich breit. Plötzlich : "Es muss grooven!!". Seine gewaltige Stimme hallte durch die heiligen Hallen, die er sein Eigen nannte.

Groove??? Wat is dat?, dachte ich. ich stöberte die mitgebrachte Fachliteratur durch und wurde fündig.
Zitat aus Muckemachenleichtgemacht: "Groove, m, der:
Ein Rhythmus bei dem man mit muss." So weit, so gut. Verstanden .
Mein mitgebrachtes Equipment wurde unter die Lupe genommen und für Scheisse befunden.
Toll. Warum schleppe ich den Mist denn nach hier? Aber: "Was der Meister sagt wird nicht angezweifelt!" So steht es hundertfach an den Wänden. Hat er sich wohl bei Shining abgeguckt. Hunderte kleine Helfershände stöpselten in windeseile eine Bassanlage zusammen und alle Saiten meines Basses wurden gekappt. Einzig die
tiefe E-Saite blieb noch übrig. Ich denke mal wegen des Grooves. Das erste Stück wird in die Rechenmaschine geladen und ich muss ran.
Der erste Take. Gott, bin ich nervös......
Der 23. Take. Gott, bin ich geschafft. Aber! Sieh an! Der Kerl ist auch geschafft. Ha! Blöd ist nur, dass wir unter dem Strich nichts geschafft haben.

Fazit des ersten Tages:
1. Der Typ ist kaputt zu kriegen.
2. Es muss morgen alles viel besser werden.

In diesem Sinne.....bis morgen,
Euer Hilly

HuiHuiHui.. da ist doch soviel Zeit im Studio draufgegangen, dass ich es nicht mehr geschafft habe, nachts noch die Texte hier upzudaten. Naja, jetzt kommt ja was

Was hat mich also davon abgehalten hier neue Sachen einzustellen? Was zur Hölle war denn los in den letzten 2 Tagen?
Um ehrlich zu sein: A L L E S!
Und genau das ist, was nun erledigt ist: Schlagzeug ist fertig, Schluss und aus also für mich hier im Studio und im aktiven Geschehen.
Zwölf Songs sind eingespielt, wir haben alles bis zum Umfallen - und das könnt ihr jetzt wortwörtlich nehmen, wenn man 12 Stunden pro Tag trommelt und abwägt und aufnimmt - auspobiert.
Wir haben Trommeln mit Decken belegt, Ketten an Becken montiert, Mikrophone verschiedenster Art ausgerichtet und probiert und ganz im Gesamten gesagt, alles bis aufs kleinste Jota nochmal abgeklopft.

Gestern gegen Nachmittag war dann der Tag der Entscheidung, sozusagen unser persönliches Big Brother Finale: Holger und Hilly lenkten ihre Schritte gen Studio und nach 2-4 Stunden war dann alles durchgehört und für mehr als gut befunden: "Jacha , da können wir mit arbeiten" und "Huhu, das klingt ja mal ganz anders jetzt" wurde jubelnd gerufen - Wir sind also auf dem richtigen Weg, alles wird super und so geht es dann weiter mit dem Hilly....
Oder wie wir ihn jetzt zärtlich nach der gewagten, aber atemberaubenden - und nie ist das Wort richtiger gebraucht worden - Performance auf den letzten Konzerten nennen: Hilly Williams. Das hat er sich aber auch verdient!

Also dann... Ab hier geht der Hilly sozusagen mit Euch weiter.
Ich sage "Adieu" und "Au revoir" - Bis zum Tag an dem wir die Overdubs anfangen jedenfalls.

Stephan

PS: Im Menü findet man jetzt doch tatsächlich einen Eintrag "Bilderalben". Kabel ist zwar immer noch perdu, aber so ein Handy hat schon tolle Sachen mit an Bord. Besseres kommt dann noch - Ihr wisst ja, man soll nie, nie, aber auch in gar keinem Fall die Hoffung aufgeben.

Etwas früher als gestern, aber immer noch reichlich spät, meldet sich der Mann fürs Erste wieder zurück.
Was ist also alles pasiert?

Nun ja, ein bis fünf Songs sind heute analysiert, auf alle erdenklichen Unmöglichkeiten abgeklopft und nachher für reichlich unbedenklich erklärt worden. Und sagen wir es mal so: 4-8 Takes später waren sie dann soweit, dass alle zufrieden nickten und sich darauf freuen, was die restlichen vier Bürchschen da noch so an erfreulichen Details oben drauf packen. Soll zusammengefasst heissen: Alles Top, Grundstimmung ist super und da kann nichts mehr Schlechtes kommen...

Sogar die Hände sind noch da, nur spüre ich sie etwas mehr als gestern noch. Extremsport? Brennessel-Therapie? Neue und total belebende fernöstliche Mediation ausprobiert?
Ganz und garnüscht: einfach mal gefühlte 25 Stunden Schlagzeug spielen hilft da Wunder was. Aber für das Ergebnis lohnt es sich und wie S. Kubrick und jeder Kreisliga-Trainer schon immer gewusst haben... Ausprobieren macht den guten Take - oder so ähnlich meine ich jedenfalls.

Bleibt noch ein Letztes zu erwähnen zum Thema Die-Kamera-Und-Du: Kein Kabel ins Sicht, Speicher voll bis zum Anschlag, aber noch keine Möglichkeit gefunden, alles hier rauf zu bekommen. Naja, das wird dann noch werden.

Ich sage wiederum "Gute Nacht"...
Stephan

So, so damit die Sache auch richtig zum Laufen kommt, muss ich Euch erstmal mit den neuesten Einblicken aus dem Studio versorgen.

Der Gott der grossen und kleinen Aufnahmen hat nämlich irgendwann einmal festgeschrieben, dass der Schlagzeuger der ist, der beginnen muss - Fast also so wie auf dem Schulhof früher, einer muss den Krawall ja vom Zaun brechen und den ersten Schneeball werfen.

Was gibt es denn dann zu berichten aus dem schönen - und mit Verlaub "bescheurt kalt" fällt mir als einzige Beschreibung sonst noch ein - Köln-Nippes ?
Heute ist ja erst der erste von bestimmt noch pi-mal-42 Tagen die vor Vollendung der Aufnahmen stehen.
Da wurde fleissig an Fellen geschraubt, die Raumtiefen ausgelotet, ein wenig mehr Zeit mit der Erlernung der Hi-Tech Kaffeemaschine verbracht, neue Mikros ausprobiert und ganz allgemein versucht sich einzupendeln auf Stimmung, Situation und wie laut denn der Kopfhörer nun wirklich sein muss.

Klingt wenig? Irgendwie etwas unstressig? Hörte sich im Metallica-Film alles etwa glamouröser an?
Naja, nun denn... Um jetzt so ehrlich wie möglich zu sein, schaut mal auf die Uhrzeit da oben irgendwo. Genau! Seht Ihr!
Und als wäre das alles nicht Amusement genug für einen Tag, ist dann heute auch noch der erste Song aufs Band gegangen. So mal ganz antiquarisch formuliert, denn Ihr wisst ja, Rechner und so sind auch hier nicht aufzuhalten.
Morgen gehts frisch und in der Frühe weiter, gewaltiges wird angegangen hörte ich flüstern. Aber dazu dann morgen mehr.

Ebenso gibt es hoffentlich dann morgen auch die ersten Photos auf dieser Seite - Wenn ich denn nur mal das vermaledeite Kabel mit dem richtigen und der Kamera genehmen Anschluss finde!
Seid also gespannt, wie Holger und Hilly zum ersten Mal am späten Abend die Nase in Studioluft hielten und wie dramatisch schön man ein und dasselbe Schlagzeug in verschiedenen Winkeln ausleuchten kann. Wow, also seid neugierig auf den nächsten Teil...

Ich sage "Gute Nacht"...
Stephan